Projektkultur – Von Expertentum und Projektmanagement

Immer wieder werde ich gefragt – das letzte Mal übrigens heute morgen – wie es sich verhält mit dem Expertenwissen: Wie viel Fachexperte muss ein Projektmanager sein?

Eigentlich merkwürdig, oder? Schon allein die Fragestellung: Denn mich hat noch nie jemand gefragt, wie viele Programmiersprachen der Geschäftsführer eines Softwareunternehmens beherrschen muss.

Dabei verhält es sich ähnlich. Was wird von einem Manager eines Softwareunternehmens erwartet? Richtig, dass er ein anständiges Management für das betreffende Unternehmen hinlegt. Warum philosophiert dann die Welt immer wieder über die Fachexpertise im Projektmanagement?
Die Aufgabe eines Projektmanagers ist es. das Projekt zu managen und nicht sich in fachlichen Details zu ergehen. Dafür gibt es im Projekt üblicherweise Fachexperten.

Es gibt auch den gängigen Ausspruch: “Je größer das Projektteam, desto weniger Expertenwissen braucht der Projektmanager”. Dem möchte ich widersprechen. Für kein Projekt ist es gut, wenn sich der Projektmanager in Fachaufgaben vertieft, anstatt seinen Aufgaben im Management des Projekts nachzukommen. Dieses Management des Projekts ist vielfältig und erfordert andere Fähigkeiten als Fachexpertise. Stefan Hagen hat gemeinsam mit Studenten eine sehr schöne Übersicht über die Methodenkompetenz eines Projektmanagers erstellt. Das Ergebnis kam zustande aufgrund der Fragestellung, welche methodischen Fähigkeiten ein/e Projektmanager/in benötigt, um Struktur und Ordnung in komplexe Projektvorhaben zu bringen.
Ein Blick auf dieses Ergebnis zeigt, wo die Schwerpunkte im Projektmanagement liegen – nämlich das Projektergebnis herbeizuführen und nicht fachliche Fragestellungen zu diskutieren und sich im Mikro-Management von Personen zu verlieren. Letzteres kann in der Praxis häufig beobachtet werden und ist in jeder Hinsicht kontraproduktiv für Projekte.

Also zusammen gefasst: Ein Projektmanager braucht mehr Methoden- und vor allen Dingen Führungskompetenz, als Fachkompetenz. Natürlich sollte er sich ein wenig im Umfeld der Projektthematik auskennen, damit er versteht, worüber geredet wird. Das Lösen der fachlichen Probleme liegt jedoch bei den Fachexperten. Der Projektmanager ist dafür verantwortlich, dass die Fachexperten sich voll und ganz und mit äußerster Produktivität der Lösung der Probleme widmen können.

Darüber hinaus ist es Aufgabe des Projektmanagers für sein Team eine Vision zu entwickeln und alle auf den Weg zu deren Verfolgung zu bringen. Diese Vision sollte immer in Einklang mit der Vision und der Strategie des Unternehmens stehen.

Für mich folgt daraus:
Der Projektleiter muss nicht unbedingt der fachliche Experte für das Thema sein. Er muss aber ein Team konsensorientiert führen können. Wichtig ist, dass er an das Unternehmen und dessen Vision glaubt und dies täglich seinem Team vorlebt.

Ein Blick in die Praxis zeigt jedoch meist das Gegenteil. Üblicherweise werden Key-Player wie z. B. Ingenieure oder Software-Architekten irgendwann zu Projektleitern ernannt. Häufig ist das Ganze dann noch mit der Leitung einer Abteilung verbunden. Die Folge sind massenweise Projekte in Schieflage: Denn Fachexpertise im Software- oder Engineeringbereich ist eben etwas anderes, als Methoden- und Führungskompetenz! Liebe Mitglieder der Unternehmensführung: Überlegt mal, wer was am besten kann und lasst die Ingenieure und Softwareentwickler ihren eigentlichen Aufgaben nachkommen. Setzt für das Management von Projekten dafür ausgebildete Fachexperten ein und jammert nicht, dass der Arbeitsmarkt nicht genügend Ingenieure hergibt.

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Über Anke Heines

Vielleicht muss man einen an den Sternen geschulten Weitblick entwickeln (Anke hat als Physikerin in der astronomischen Forschung gearbeitet), um die Arbeitswelt so klarsichtig durchdringen zu können wie Anke das macht. Wertvernichtung, Zeitverschwendung und Bevormundung sind ihr ein Gräuel. Sie setzt dagegen auf Selbstorganisation, Sinn in der Arbeit und Eigenverantwortung. Wenn Anke in Unternehmen auf Partner trifft, die bereit sind sich in Bewegung zu setzen, ist sie in der Lage, gemeinsam mit ihnen völlig neue Formen wertschöpfender und wertschätzender Zusammenarbeit hervorzubringen. Das hat jüngst die Verleihung des Sonderpreises des New Work Award an den von ihr betreuten Maschinenbauer HEMA bewiesen. Und das hat Anke auch auf die Fahnen Ihrer LEADaktiv UG geschrieben: Wertvolles durch Wandel weiterhin wertvoll erhalten.
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